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Friedbergerin auf den Spuren von Franziskus

Geschichte: Oberin Schwester Bernhild zeigt dem Heimatverein das Mutterhaus der Franziskanerinnen in Dillingen

13.08.2014

Friedbergerin auf den Spuren von Franziskus

Bei ihrem Besuch im Dillinger Kloster der Franziskanerinnen sahen die Friedberger Besucher auch die "Barockschale" im Nonnenchor.

Einen geschichtsträchtigen Ort mit besonderer Beziehung zu Friedberg durfte der Heimatverein bei seinem Ausflug in die Donaustadt Dillingen besuchen: Das Kloster der Franziskanerinnen, das von einer Friedbergerin geleitet wird.
Außerdem besichtigte man die Jesuitenkirche, den Goldenen Saal und das Schloss. Letzteres hatte der Augsburger Bischof Hartmann bereits im 13. Jahrhundert zur Ausweichresidenz erkoren. Als letzter Graf von Dillingen übereignete er Burg und Stadt Dillingen an das Hochstift Augsburg. Der Grund hierfür lag in den ständigen Streitereien zwischen den Augsburger Bürgern und ihrem Bischof. Die Auseinandersetzungen hatten zur Folge, dass in einem „Schutzbrief“ vom 6. Februar 1264 der bayerische Herzog und der Staufer Konradin den Augsburger Bürgern Hilfe zusicherten. In dieser Urkunde ist das erste Mal die Stadt Friedberg erwähnt, die bei der Burg Friedberg erst entstehen sollte. Dennoch gilt der 6. Februar 1264 als Entstehungsdatum der Stadt Friedberg.

Im 15. Jahrhundert wurde Dillingen schließlich Residenzstadt und Regierungssitz des Hochstiftes Augsburg. 1802, im Zuge der Säkularisation, verlor Dillingen seine Residenzfunktion.
Auch wenn die Räume heute weitgehend leer stehen, so lassen die wunderschönen, zum Teil vergoldeten Stuckarbeiten, die schweren massiven Böden und kunstvollen Kassetten an der Decke die einstige Pracht im Dillinger Residenzschloss erahnen. Fast einzigartig war zu jener Zeit die „Reitertreppe“ im Dillinger Schloss, die eigens geschaffen wurde, damit der Bischof bequem in die oberen Stockwerke sowie zu seiner Privatkapelle, die sich in der Turmspitze befand, gelangen konnte.

Ein völlig anderes Bild erhielt die Gruppe des Friedberger Heimatvereins, als sie anschließend das Mutterhaus der Franziskanerinnen besichtigen durfte, wo sie von Oberin Schwester Bernhild, einer gebürtigen Friedbergerin, in schwarzer Tracht und schwarz-weißer Kopfbedeckung, herzlich begrüßt wurde.
Schlicht ist der Eingang, ganz im Sinne des Heiligen Franziskus. Ebenso unscheinbar sind auch die Anfänge. 1241 erbaten sechs Frauen vom damaligen Dillinger Grafen Hartmann IV. in Gemeinschaft ein religiöses Leben führen zu dürfen. Der Fürst schenkte ihnen zu diesem Zweck ein Haus an der Stadtmauer, mit einem dahinter liegenden Krautgarten. Hier konnten die Schwestern anbauen und so ihre Ernährung sichern. Gleichzeitig gab der Graf den Schwestern einen Stiftungsauftrag mit, der kurz gefasst lautet: „Trostvoll den Menschen begegnen zum Lobe und zur Ehre Gottes“.

Hinter der Eingangstüre befindet sich links vom Gang das Armenstübchen. Bewusst wird von Straßenbrüdern und -schwestern und nicht von Bettlern gesprochen, die in diesem heimelig eingerichteten Zimmerchen Essen einnehmen können. Es ist ein Apostolat, keinen hungrigen Bittenden hungrig gehen zu lassen.
Am Ende des langen Ganges gelangt man in einen kleinen Garten. Im Anschluss daran, hinter der historischen Stadtmauer befindet sich der große Klostergarten. Alles wirkt sauber und sehr gepflegt.

Im Essensaal im oberen Stockwerk des Klosters, im sog. Refektorium, beginnen die Anfänge einer jeden Klosterschwester. Auch die Friedberger Schwester Bernhild saß hier nach ihrem Eintritt ins Kloster einst zusammen mit vielen anderen Schwestern beim Essen. Unter den Fenstern befinden sich sog. Siedl. Das sind Truhenbänke, deren Sitzfläche man hochklappen kann. „Da hat man seinen Kruscht nei gschmissn“, erzählte verschmitzt lächelnd Schwester Bernhild.

Schaut man zum Fenster hinaus, so erblickt man das Gruftgärtlein, in deren Gruft Mitschwestern beerdigt sind. Der Blick fällt unweigerlich auf die gegenüberliegende Wand, an der drei kunstvolle Tafeln angebracht sind. Eine Schwester hatte sie geschaffen, das Leben vom Dunklen ins Helle symbolisierend.
Heute ist das Refektorium die gute Stube. Einmal im Monat trifft sich hier der Frauenkaffee.

Aber auch Herren haben Zugang zum Kloster. Es gibt ein sog. Herrenzimmer, das durch eine schwere Türe mit dem Amtszimmer der Oberin verbunden ist. In diesem Zimmer werden Bürgermeister oder sonstige Besucher, die die Oberin in geschäftlichen Angelegenheiten aufsuchen, empfangen.
Auf dem Gang vor den beiden genannten Zimmern steht eine große schwere Kommode. Auf ihr finden sich fein säuberlich auf einer Karte aufgezeichnet die Namen der jüngst verstorbenen Mitschwestern samt Sterbebildchen. Eine Kerze brennt zu ihrem Gedenken.

Der Gang führt zur Empore der Franziskanerinnenkirche, dem Frauenchor. Schöne engmaschige Holzgitter gewähren zwar einen Blick hinunter in den Kirchenraum, aber von unten können die Personen oben im Frauenchor nicht erkannt werden. Doch die Franziskanerinnen, die hier einst ihre ewige Anbetung verrichteten, haben sich geöffnet. Die ewige Anbetung erfolgt nun offen unten in der Kirche. Die Schwestern wechseln sich im Stundentakt ab und ihr Gebet wird von Besuchern respektiert.

Nach einer kurzen Andacht in der Klosterkirche, die reich versehen ist mit Fresken des Augsburger Künstlers Christoph Thomas Scheffler, findet der Rundgang seinen Abschluss im sog. Kapitelsaal. Dieser Versammlungsraum mit wunderschöner Stuckdecke dient der Konventgemeinschaft als Gesprächs- und Informationsort, aber auch als ein Ort der Stille.

Beim Mittagessen erzählt Schwester Bernhild aus ihrem Leben:
Im Tal 5 in Friedberg, gegenüber der Mädchenschule, wuchs Inge Schuster auf. Nach der Schule begann sie eine kaufmännische Lehre im Kirchensteueramt in Augsburg.
Sie gehörte dem Bund deutscher katholischer Jugend, BdkJ, an. Man machte gemeinsam einen Fahrradausflug zu einigen Donaustädten unter Leitung eines Kaplans, der aus Gundelfingen stammte.

So kam Inge Schuster mit den anderen auch nach Dillingen und besuchte dabei das Kloster. Sie war fasziniert von der Franziskanischen Spiritualiät: Das Leben in Einfachheit, das Sorgen für die Schwachen, die am Rande der Gesellschaft stehen, und die Geschwisterlichkeit in einem friedlichen Miteinander - ein weites Arbeitsfeld für Franziskanerinnen. Sie sind tätig in der Kranken- und Armenpflege, als Lehrerinnen und Erzieherinnen.

Für Inge Schuster stand fest, sie wolle für die Friedenserziehung arbeiten. Sie trat als Schwester Bernhild ins Kloster ein und arbeitete drei Jahre im damals von Dillinger Franziskanerinnen geleiteten Kinderheim Reitenbuch. 1971 begann die junge Franziskanerin zusammen mit anderen Mitschwestern in München an der Fachakademie für Sozialpädagogik zu studieren. Den jungen Studentinnen wurde von „oben“ die Erlaubnis erteilt, weltliche Kleidung zu tragen, da sie in der klösterlichen Tracht zu jener Zeit ständig Attacken ausgesetzt waren.

Nach dem Studium arbeitete Schwester Bernhild als Lehrerin an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Dillingen. Die Schule war ihr „Lieblingskind“. Und so fiel es ihr nicht leicht, als sie ihren Lehrberuf opfern musste, weil man sie auf eine hohe Leitungsebene berufen hatte: 2004 wurde sie zur Oberin des Mutterhauses in Dillingen ernannt.

500 Schwestern weltweit waren ihr anvertraut, ebenso die Verwaltung der Institutionen. Nun war sie Managerin und stemmte die Renovierung des geschichtsträchtigen Klosters sowie die Überführung der Schule, an der sie so lange gewirkt hatte, in eine andere Trägerschaft. Tatkräftig arbeitete sie zusammen mit dem Denkmalamt darauf hin, das Alte, Gewohnte zu belassen, damit jede Schwester sich beim Wiedereintreffen im Mutterhaus zuhause fühlen konnte. Dennoch setzte sie notwendige Neuerungen durch. Jede Schwester erhielt in ihrem Zimmer eine eigene Nasszelle. Ein geräumiger Aufzug ermöglicht es, bequem mit dem Rollstuhl in andere Etagen zu gelangen.

Die Totalrenovierung des historischen Klosters ist offensichtlich gelungen. Die liebevoll eingerichteten Räume mit den schönen alten Möbeln strahlen wohltuende Behaglichkeit aus. Es ist ein Zuhause, ein wirkliches Zuhause, für Schwestern, die sich einem großen Lebensauftrag verschrieben haben.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: Tagesausflug nach Dillingen (20.07.2014)

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