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Erster Weltkrieg Serie (4)

Der erste Friedberger Soldat starb im Elsass - Französische und russische Kriegsgefangene halfen in der Landwirtschaft und Handwerksbetrieben aus

04.09.2014

Erster Weltkrieg Serie (4)

Schon in der ersten Kriegswoche im August 1914 gab es den ersten bayerischen Gefallenen zu beklagen. Es war der Vizefeldwebel Benedikt Schmid aus Aichach, der in Metz auf einer Patrouille erschossen wurde.

Ebenfalls in der ersten Kriegswoche wurde in der dicht gefüllten Friedberger Stadtpfarrkirche eine eigene Andacht für die ins Feld gezogenen Krieger gehalten. In den Sonntagsgottesdiensten war die Kirche so voll, wie sonst nur an hohen Feiertagen. Auch zur Wallfahrtskirche „Unseres Herrn Ruhe“ pilgerten die Menschen, um Schutz und Segen für ihre Angehörigen zu erflehen. Es begann nun eine Zeit der Kriegswallfahrten. Selbst bei schaurigem Wetter pilgerten große Wallfahrtsgruppen aus benachbarten Orten nach Herrgottsruh. Die fünfte und letzte Friedberger Kriegswallfahrt im Kriegsjahr 1914 führte gegen Ende Oktober von Herrgottsruh nach St. Afra im Felde und wieder zurück.

Der erste Friedberger Tote war der Infanterist Josef Wittmann, von Beruf ein Fuhrmann. Er starb am 18. August bei Kreuth (Elsass). Noch drei weitere Friedberger fielen im gleichen Monat. Von den Dörfern, die heute Stadtteile von Friedberg sind, kamen sechs weitere junge Männer im August an der Westfront ums Leben.

Kriegsgefangene aus Frankreich wurden in die Region verlegt. So wurde in Lager Lechfeld ein Gefangenenlager eingerichtet. Dort war zuvor ein Ausbildungslager für bayerische Rekruten und ein Truppenübungsplatz.

Am 23. Oktober 1914 meldete sich Kaspar Wieland jun. als Kriegsfreiwilliger bei der Kommandantur des Truppenübungsplatzes Lager Lechfeld aufgrund seiner in Paris erworbenen Sprachkenntnisse als französischer Dolmetscher im dortigen Gefangenenlager. Er war der Sohn jenes Bürgermeisters und Landtagsabgeordneten Kaspar Wieland, dessen Tod im Frühjahr 1914 im Friedberger Gemeindeboten die Spalten gefüllt hatte.

Als Feldwebel erhielt Kaspar Wieland jun. zunächst eine Franzosenkompanie mit 400 Mann zugeteilt. Es gibt Akten im Stadtarchiv Friedberg, die belegen, dass französische und schließlich auch russische Kriegsgefangene in der Landwirtschaft und in Handwerksbetrieben in Friedberg und Umgebung arbeiteten.

Auch in den Erinnerungen von Anna Habersetzer über ihre Kindheit in Gagers, einem Ortsteil von Ottmaring/Friedberg, tauchen französische Kriegsgefangene auf: „Als im Ersten Weltkrieg alle brauchbaren Männer eingerückt waren, bekamen wir in Gagers auch einen französischen Kriegsgefangenen zur Arbeit. Er hieß Gustav und konnte auch Deutsch. Er war ein Familienvater. Ich mochte ihn gern und er hatte ein Gefühl für den Umgang mit Kindern. Bei uns hatte er richtigen Familienanschluss und wurde nicht wie ein Gefangener behandelt. In Ottmaring waren noch drei weitere gefangene Franzosen, die öfters zu Gustav zu Besuch kamen. Einer davon war daheim auch Jäger. Er verstand sich auf das Legen von Schlingen und fing dann Feldhasen, von denen es damals sehr viele gab. Diese brieten sie dann bei uns. Das war ihnen natürlich verboten. In der Einöde waren sie jedoch sicher – ich weiß noch, dass sie mir eingepredigt haben, ich dürfe nichts davon verraten. Solche Dinge sind mir in Erinnerung geblieben, auch wenn ich damals noch ein kleines Kind war."

Es herrschte Krieg, als Anna Habersetzer am 12. Mai 1915 geboren wurde. Ihre Mutter war gerade zweieinhalb Monate verheiratet, da brach der Erste Weltkrieg aus. Der Vater, Josef Wittmann, geboren 1895, musste in den Krieg nach Frankreich und geriet sehr bald in französische Kriegsgefangenschaft. Seine Frau schickte ihm in die Gefangenschaft ein Bild seiner kleinen Tochter, die zusammen mit ihrer Cousine abgebildet ist. Als Josef Wittmann 1920 aus französischer Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkehrte, brachte er dieses Bild wieder mit heim.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: "Blaue Stunde" - Veranstaltung der Stadt Friedberg (20.01.2015, 19:30 Uhr)

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