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Wie die Pfalz zu ihrem Namen kam

Der Friedberger Heimatverein besucht die rheinischen Besitzungen der Wittelsbacher und entdeckt dabei allerhand Gemeinsamkeiten

30.11.2013

Wie die Pfalz zu ihrem Namen kam

Der Heimatverein in der Festungsstadt Germersheim. Foto: Scheidler.

Die diesjährige Dreitagesreise des Heimatvereins führte in die Kurpfalz nach Mannheim und Schwetzingen und in die linksrheinische Pfalz mit Speyer, Villa Ludwigshöhe, Klingenmünster und Germersheim. Auf der Hinreise besichtigte man zunächst Ladenburg am Neckar, berühmt durch seinen Bewohner Dr. Carl Benz (1844-1929), dem Erfinder des Automobils. „Lausig, lumpig, liederlich – Ladenburg!“ so bezeichneten die Bewohner den nicht sehr erfreulichen Zustand ihrer Stadt in der Nachkriegszeit. Doch heute staunt der Besucher über die wunderschöne historische Altstadt, die ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts umfangreich restauriert wurde. Im nahe gelegenen Mannheim besichtigte man im Schloss die Landesausstellung „Die Wittelsbacher am Rhein in der Neuzeit“. Kurfürst Karl Philipp verließ das reformierte Heidelberg, das sich seinen Wünschen nicht fügen wollte, und erhob 1720 Mannheim zur Residenz und Hauptstadt der Kurpfalz. Schloss und Jesuitenkirche wurden erbaut.
Durch Napoleons Wirken wurde die Landkarte Europas neu gezeichnet. 1803 endete nach 600 Jahren die Herrschaft der Wittelsbacher an Rhein und Neckar. Die ehemalige Kurpfalz wurde den Wittelsbachern genommen und dem Großherzogtum Baden zugeschlagen. 1816 kam die linksrheinische Pfalz zum Königreich Bayern. Nicht alle, aber große Teile der neuen Pfalz hatten einmal unter der Herrschaft von Fürsten aus dem Hause Wittelsbach gelebt. Das bayerische Staatsgebiet war nicht geschlossen, sondern durch badisches und württembergisches Hoheitsgebiet getrennt. Als der neue Landesherr, König Max I. von Bayern, noch im gleichen Jahr 1816 die Pfalz bereiste, bereiteten ihm die Pfälzer einen begeisterten Empfang. Doch als der König nach der Rheinschanze, Ludwigshafen gab es ja noch nicht, vor Mannheim fuhr und auf der anderen Seite des Rheins den Mannheimer Jesuitenturm erblickte, liefen ihm Tränen über die Wangen. Mannheim, Schwetzingen, das waren die Orte seiner Kindheit und auch die seines Sohnes, des späteren König Ludwig I., der den Verlust der rechtsrheinischen Pfalz nie verwinden konnte.
Ludwig liebte die Pfalz. Er widmete seine ganze Aufmerksamkeit dem wiedererrichteten Speyerer Dom und schmückte ihn prachtvoll aus. Zur Finanzierung wurde 1854 selbst im Bezirksamt Friedberg zu Geldspenden aufgerufen. Im entsetzlichen“Orleansschen Krieg“ in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sank nicht nur der Dom, sondern die ganze Pfalz auf Geheiß des französischen Königs Ludwig XIV. in Schutt und Asche. Eine völlige Wüste gegen Deutschland sollte vor Einfällen schützen. Das unselige Abfackeln der Städte, Dörfer, Weinberge unter dem grausamen General Melac, der die Pfälzer nach Frankreich auswandern hieß und gnadenlos diejenigen verfolgte, die über den Rhein zu flüchten versuchten, schlug sich nieder in einem noch heute sehr gebräuchlichen Schimpfwort, wenn es heißt: „Du Lackl“ oder „so ein Lackl“.
Auf die Besichtigung Speyers, der ehemaligen Hauptstadt der bayerischen Pfalz, folgte der Besuch der Villa Ludwigshöhe in Edenkoben. Mittagessen gab es in den Räumen des königlichen Schlosses. Der Pächter der Cafeteria servierte die eigens für den Heimatverein zubereitete pfälzischen Spezialität „Grumbeersupp mit Dampfnudel“.
Ludwig I. hat mit seiner Villa Ludwigshöhe und dem Speyerer Dom zwei sehr persönliche Königswerke hinterlassen. Die italienisch anmutende Villa am Hang, umgeben von Kastanienwäldern und Weinbergen mit weitem Blick über die Rheinebene, ist die einzige königliche Residenz der Wittelsbacher in der Pfalz. Der Bau der Villa „nur für die schöne Jahreszeit bestimmt“ sollte aber auch zur Hebung eines bayerischen Patriotismus in der Pfalz dienen.
Auf ausdrücklichen Wunsch Ludwigs wurde der Rheinkreis, wie die neue Pfalz zunächst hieß, 1838 in “Pfalz“ umbenannt. Entgegen der Lehrmeinung zur Entstehung des Wortes „Pfalz“ hat der Schriftsteller August Becker seinen Landsleuten auf den Mund geschaut und ihre Deutung dargelegt. Die Pfalz war demnach das ursprüngliche Paradies, denn der Teufel führte Christus auf's Hambacher Schloss und zeigte ihm die Herrlichkeit des Landes. Als der Teufel ihm dieses anbot, wenn er ihn anbeten würde, sagte der Herr: „B'halts!“, und seitdem heißt dieses Land Pfalz oder in der Mundart der Pfälzer „Palz“!
August Becker (1828-1891) hat mit seinem großartigen Werk „Die Pfalz und die Pfälzer“ sein Land literarisch hoffähig gemacht. Doch zu Lebzeiten war ihm die Anerkennung seiner Landsleute nicht vergönnt. Er starb in der Wartburgstadt Eisenach. Erst 30 Jahre später holten die Pfälzer ihren Dichter heim, um ihn auf dem Bergfriedhof seines Geburtsortes Klingenmünster in der südlichen Pfalz zur letzten Ruhe zu betten.
Im Anschluß an eine pfälzische Weinprobe mit vorzüglichem Flammkuchen in der über dem Ort Klingenmünster thronenden Burg Landeck, wurde der Heimatverein im Rathaus, zugleich Geburtshaus des Dichters August Becker, höchstpersönlich von Herrn Bürgermeister Grimm empfangen.
Welch eine Besonderheit, dass ausgerechnet aus den Steinbrüchen der dortigen Gegend die Marmorsteine stammen, die 1863 ein gewisser Georg Henle, Steinbrecher aus Landau in der Pfalz, nach Friedberg lieferte zur Neupflästerung der Kirche St. Jakob!
Hervorragend war die Führung am letzten Tag durch die von König Ludwig zur Festung ausgebauten Stadt Germersheim. Der sehr rüstige Führer, ein gebürtiger Germersheimer, wusste Leidvolles aus eigener Anschauung aus der Zeit des 3. Reiches über seine Stadt zu erzählen. Er führte den Heimatverein auch auf die Spuren von König Ludwig, der sich anscheinend auch in Germersheim mit Lola Montez vergnügte. Vor dem damaligen Gasthaus „Elefant“, erbaut 1692, wo er mit seiner Geliebten abstieg, hüpften die Germersheimer Buben vor dem Haus herum und riefen:
„oh du alter König- Babbe ( Papa )
führ die Lola in de Garte
hock se uf e' Kanapee
dut er a de Arsch net weh.“

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: 3-Tagesfahrt in die Pfalz (01.11.2013 - 03.11.2013)

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