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Grausame Zeiten für Friedberg

Im Dreißigjährigen Krieg brannte die Stadt sieben Tage lang und danach war sie jahrelang ein Geisterort. Eine Tafel am Rathaus erinnert daran. Doch sie zeigt ein falsches Datum

06.06.2018

Grausame Zeiten für Friedberg

Die Tafel am Friedberger Rathauseingang zeigt eine falsche Jahreszahl

Ein Fehler hat sich eingeschlichen bei der Beschriftung der Tafel am Friedberger Rathauseingang. Dort steht zu lesen, dass das Rathaus durch die Schweden im Jahr 1636 zerstört wurde. Die Quellen sprechen aber vom Jahr 1632, denn im Jahr 1636 waren die Schweden schon wieder fort. Nicht nur das Rathaus wurde zerstört, sondern unwiederbringlich die ganze mittelalterliche Stadt Friedberg.

Einen Eindruck von den schrecklichen Ereignissen 1632 und danach vermittelte der Historiker Dr. Rainald Becker bei seinem Vortrag über den Dreißigjährigen Krieg und den Westfälischen Frieden bei der Jahreshauptversammlung des Heimatvereins. Er zitierte hierzu aus dem 1801 erschienenen Werk „Geschichte der kurpfalzbairischen Grenzstadt Friedberg“ des Friedberger Stadtschreibers Gebhard Luber. In der Geschichtsschreibung beginnt der Dreißigjährige Krieg mit dem Jahr 1618. In Bayern aber herrschte anfangs lange Zeit Ruhe. Erst zu Beginn des Jahres 1632 rollte die Welle kriegerischer Gewalt auf Bayern zu.

Im April 1632 gelang es den Schweden unter ihrem König Karl Gustav mit einer List, trotz schärfster Bewachung der Grenzen durch bayerische Soldaten, bei Rain am Lech in Bayern einzufallen. Was nur wenige Monate später auf Friedberg zukam, war grausam. In einem Racheakt eroberten Schweden und Augsburger Protestanten im Juli 1632 Friedberg. Die Stadt Friedberg wurde geplündert, die Bewohner aufs schrecklichste misshandelt, die Männer fast alle umgebracht, die überlebenden Frauen, Kinder und Alte vertrieben und anschließend die Stadt angezündet. Sieben Tage soll Friedberg gebrannt haben. Es brannten alle Häuser, die Kirchen und das Schloss. Friedberg dürfte somit die erste bayerische Stadt gewesen sein, die im Jahr 1632 völlig ruiniert wurde.

Gefürchtet waren die Streifzüge der Schweden, die sie von ihrem Standort Augsburg in die Umgegend unternahmen. So konnten sich keine bayerischen Stützpunkte auf den Lechrainhöhen bilden, die den Schweden hätten gefährlich werden können. Kein Mensch traute sich in der Ruinenstadt Friedberg zu leben, und so blieb Friedberg drei Jahr lang, bis zum Abzug der Schweden 1635, eine menschenleere Geisterstadt. Die Schweden kehrten erst 1646 zurück und zündeten erneut die Stadt Friedberg, zusammen mit den ihnen inzwischen verbündeten katholischen Franzosen an.

Der Westfälische Friede 1648, der endlich den langersehnten Frieden brachte, wird als epochemachender Einschnitt gesehen. Den Lutheranern und Calvinisten wurde damit die Gleichberechtigung mit dem überlieferten Katholizismus eingeräumt. In Augsburg wurde erstmals 1650 deshalb das Hohe Friedensfest gefeiert. Bis auf den heutigen Tag kehrt dieser Feiertag im Jahresrhythmus wieder.

Wie aber wurde der Westfälische Frieden an den Schulen und Universitäten im darauffolgenden 18. Jahrhundert bewertet? Becker verwies auf zwei historische Tabellenwerke. Mit Spalten und Rubriken sollte den Schülern und Studenten das Lernen erleichtert werden. Als erstes Beispiel erläuterte Becker das dreispaltige Ettaler Tabellenwerk, verfasst von Mönchen aus dem Benediktinerkloster Ettal für den Unterricht an der dortigen „Ritterakademie“. In diesem katholischen Gymnasium wurden ausgewählte adlige und auch nichtadlige Kinder einer umfassenden Bildung unterzogen. Aus der Ettaler Schule sind zahlreiche Persönlichkeiten hervorgegangen, die dann als Geistliche, als Soldaten und Staatsbeamte hohe und höchste Ämter bekleideten.

Was den Westfälischen Frieden anbelangt, so ist dieser nur am Rande erwähnt. Schließlich hatte der Heilige Stuhl den Friedensschluss offiziell abgelehnt, aber er war gültig. Aus Sicht der Kurie galt aber eines als sicher: Das Heilige Römische Reich ist ein unvergänglicher Ort der Geschichte mit vorwiegend katholischer Prägung. Schließlich waren die deutschen Kaiser katholisch. Und diese Sichtweise vermittelten nun die Mönche durch ihr Tabellenwerk den Ettaler Schülern.

Einen anderen Akzent setzte das 17-spaltige Tabellenwerk der protestantischen Historiker Theodor Berger und Wolfgang Jäger. Die Lernenden bekamen die positiven Aspekte des Friedensvertrages herausgearbeitet: Das Heilige Römische Reich, das den Dreißigjährigen Krieg überlebt hatte, war nicht untergegangen, sondern nahm weiterhin einen herausragenden Platz ein. Das Reich hatte aber nun eine Rahmenordnung, wo der Protestantismus eine gesicherte Existenz gefunden hatte.
In beiden Tabellenwerken, die Becker vorstellte, ist der Westfälische Friede somit nur eine Fußnote der Geschichte, sowohl aus katholischer als auch aus protestantischer Sicht. Dagegen findet sich kein Wort über die Leiden der Menschen und ihre furchtbaren Folgen, so wie es Luber für Friedberg tat oder vielerorts die heimische Geschichtsschreibung schildert.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: Jahreshauptversammlung (15.03.2018, 19:00 Uhr)

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