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Ein Königreich für eine Prinzessin

Herzzerreißendes spielte sich vor 210 Jahren am bayerischen Hofe ab. In Friedberg wurde Salut geschossen

27.01.2016

Ein Königreich für eine Prinzessin

Dr. Martha Schad referierte am Heimatkundlichen Stammtisch in Kooperation mit der Stadt Friedberg im Rathaussaal. Foto: Philipp Köhler.

Nur zarte 17 Jahre zählte Auguste. Sie war bereits dem Erbprinzen von Baden versprochen. Beide waren ineinander verliebt und wollten heiraten. Doch dazu sollte es nicht kommen. An Weihnachten des Jahres 1805 erhielt ihr Vater, der bayerische Kurfürst Max IV. Joseph, einen Brief von Napoleon. Darin wurde nun endgültig und ultimativ die Vermählung Augustes mit Napoleons Stiefsohn Eugène gefordert. Napoleon war mit Josephine verheiratet und hatte ihren Sohn Eugène aus erster Ehe zum Vizekönig von Italien ernannt und ihn schließlich kurzerhand adoptiert.

Noch im September des Jahres 1805 hatte Max IV. Joseph erklärt, er werde lieber sein Land als eines seiner Kinder opfern. Nun beschwor man den verzweifelten Kurfürsten, sich nicht gegen die Ehe zu stellen. Die Franzosen würden Bayern besetzen mit fürchterlichen Folgen für das Land. Eine beträchtliche Vergrößerung aber winke, wenn man nur Napoleon in der Heiratsfrage nicht vergräme.

Welch dramatische Szenen sich dann am kurfürstlichen Münchner Hof abspielten, schilderte die Historikerin Dr. Martha Schad in ihrem Vortrag im Rathaussaal in Friedberg, zu der sie die Stadt in Kooperation mit dem Heimatverein eingeladen hatte. Sie lenkte ihren Blick auf das Leben und die Gefühlswelt der kurfürstlichen Familie, insbesondere auf die weiblichen Mitglieder, die sich dem Diktat Napoleons bedingungslos zu beugen hatten.

Als Auguste von der bevorstehenden Zwangsheirat erfuhr, weinte sie bitterlich und war gebrochen. Ihr Vater Max Joseph hatte es nicht übers Herz gebracht, ihr es selber zu sagen. Er wusste, dass eine Weigerung unmöglich war. So schrieb er an Auguste einen flehentlichen Brief, den sein ältester Sohn Ludwig, der spätere König Ludwig I., seiner Schwester überbringen musste. Über all dem wurde Max Joseph krank und verkroch sich ins Bett.

Am letzten Tag des Jahres 1805 kam Napoleon nach München. Dann ging alles Schlag auf Schlag: Die Festsetzung der Heirat und die Erhebung Bayerns zum Königreich. Am Silvestertag des Jahres 1805 endete das pfalz-bayerische Kurfürstentum. Am Neujahrstag des Jahres 1806 kam es dann zur feierlichen Ausrufung des Königreichs Bayern. Herolde ritten durch die Straßen Münchens, von Trompetern und Trommlern begleitet und verlasen auf den Plätzen Münchens die frohe Kunde.
Als Napoleon Auguste zum ersten Mal erblickte, war er überwältigt von ihrer Schönheit und ihrem majestätischen Anstand. Später gestand er einmal Max Joseph, dass er, Napoleon, die Prinzessin Auguste durch ein Regiment Kürassiere entführt hätte, wenn man sie ihm nicht gutwillig gegeben hätte. Napoleon schrieb an den Vizekönig Eugène Beauharnais in Padua, stellte ihn vor vollendete Tatsachen und befahl ihm, nach München zu kommen.

In den ersten Januartagen brach auf Befehl Napoleons der Vizekönig von Italien, Eugène Beauharnais, von Padua auf und reiste über das verschneite Tirol nach München. Er freute sich auf ein Wiedersehen in München mit seiner Mutter, der Kaiserin Josephine. Sie reiste eigens von Frankreich nach München, um die Hochzeit ihres Sohnes Eugène mit der Tochter des bayerischen Kurfürsten zu feiern. Dabei führte ihr Weg auch durch Friedberg. Ihr zu Ehren wurde in Friedberg Salut geschossen.

Caroline, die zweite Ehefrau von Max Joseph und Stiefmutter von Auguste, kämpfte entschieden gegen Napoleons Heiratspläne. Sie fühlte sich regelrecht gedemütigt durch seine Forderungen. Er hatte nämlich auch verlangt, dass ihr Bruder, der Erbprinz von Baden, der ursprüngliche Bräutigam ihrer Stieftochter Auguste, eine Cousine von Eugène Beauharnais zu heiraten habe. Caroline wurde am bayerischen Hof bedrängt, sich nicht schuldig zu machen am Untergang Bayerns. Dennoch kam es zwischen ihr und Napoleon zu heftigen Auftritten. Napoleon soll ihr nach einem Streit ins Gesicht geschleudert haben: „N'oubliez pas, Madame, que le sort de la Bavière est en mes mains“! („Vergessen Sie nicht, Madame, dass das Schicksal Bayerns in meinen Händen liegt!“) Caroline, nunmehr Königin von Bayern, erwiderte kein Wort. Sie maß vielmehr den Kaiser mit einem Blick, in welchem Stolz und Verachtung lagen. Napoleon zählte von nun an Caroline zu den wenigen Frauen von Charakter und Stärke, die ihm imponierten.

Am 13. Januar 1806 fand die Verlobung (zivile Trauung) und einen Tag später die kirchliche Trauung in München statt. Noch im Januar reiste Eugène mit seiner jungen Frau Auguste zurück nach Italien.
Martha Schad verdeutlichte, dass Napoleon nicht nur auf dem Schlachtfeld zu gewinnen trachtete, sondern auch durch seine Heiratspolitik Einfluss auf Machtverhältnisse zu nehmen versuchte. Zudem sollten familiäre Beziehungen zwischen Mitgliedern seiner Familie mit den höchsten und angesehensten Fürstenhäusern Europas geschaffen werden. Auf Gefühle nahm er bei seiner Heiratspolitik keine Rücksicht.

So ist es nicht verwunderlich, dass nicht alle von Napoleon gestifteten Ehen glücklich verlaufen sind. Dr. Schad berichtete von der jüngeren Schwester von Auguste, der bayerischen Prinzessin Charlotte Auguste (1792-1873), die mit dem württembergischen Kronprinzen gegen den Willen der beiden miteinander verheiratet wurden. Napoleon wünschte durch diese Heirat eine Annäherung Württembergs an Bayern. Diese Ehe wurde später annulliert. Sie heiratete danach Kaiser Franz I. von Österreich.

Die Ehe von Auguste (1788-1851), der ältesten Tochter von König Max I., mit Eugène wurde jedoch eine glückliche. Napoleon selbst gelangte durch Heirat in eine der vornehmsten Dynastien Europas. Er vermählte sich mit Erzherzogin Marie Louise, Tochter des Habsburgerkaisers Franz I., nachdem er sich von seiner Frau, der Kaiserin Josephine, hatte scheiden lassen.

Auf dem Zenit seiner Macht wollte Napoleon noch den letzten verbliebenen Gegner bezwingen: Den Kaiser von Rußland. Der Rußlandfeldzug aber läutete den Niedergang Napoleons ein. Noch einmal forderte Napoleon ein bayerisches Kontingent für Rußland. Sehr hoch war aber bereits damals schon der bayerische Blutzoll. Von den mehr als 36.000 bayerischen Soldaten kehrten nur etwa 1000 in ihre Heimat zurück. Bayern folgte noch rechtzeitig dem preußischen Aufruf zum Bündniswechsel und kämpfte nun nicht mehr auf der Seite Frankreichs. Napoleon wurde in der Völkerschlacht bei Leipzig 1814 besiegt und musste schließlich sein Leben in der Verbannung verbringen.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: Städtische Veranstaltung in Cooperation mit dem Heimatverein (21.07.2015, 19:30 Uhr)

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