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Berühmter Bergsteigerchor überrascht mit einer besonderen Probe

In einem Palazzo in Trient bekommen Friedberg ein eigenes Konzert geboten. Warum Alpenverein und Heimatverein gemeinsame Sache machen

23.10.2015

Berühmter Bergsteigerchor überrascht mit einer besonderen Probe

Zu einem angeblichen Probeabend des Trientiner Bergsteigerchors SOSAT war die Reisegruppe eingeladen. Doch die Probe entpuppte sich als richtiges Konzert

Die Freundschaft zwischen den Sängern des Trientiner Bergsteigerchors SOSAT und dem Friedberger Alpenverein hat eine lange Tradition. Nun sind durch die Beteiligung des Friedberger Heimatvereins die Kontakte nach Trient erweitert worden. Die Idee zu einer gemeinsamen Fahrt des Alpenvereins mit dem Heimatverein zum SOSAT-Chor hatte Regine Nägele. Die Vorsitzende des Friedberger Heimatvereins ist zugleich Mitglied des Alpenvereins.

Anlass, gemeinsame Sache zu machen, boten im Dezember vergangenen Jahres das Adventskonzert des SOSAT-Chros in der Friedberger Stadtpfarrkirche und eine Sonntagsmesse in Herrgottsruh. Damals entstand bei einem Umtrunk mit den Friedberger Gastgebern spontan der Vorschlag zu einem Gegenbesuch der Friedberg in Trient - erstmals mit Beteiligung des Heimatvereins.

Das Interese daran war groß. Ein mit 49 Personen aus Heimatvereins- und Alpenvereinsmitgliedern voll besetzter Bus fuhr Richtung Süden. Informationen über Tirol und das Trentino - letzteres wurde einst als Welschtirol bezeichnet - begleiteten die Fahrt bis zum ersten Aufenthaltsort Innsbruck. Dort besichtigten die Friedberger unter anderem die Glockengießerei “Grassmeier“. Sie befindet sich seit über 400 Jahren im Familienbesitz. Der Seniorchef des Hauses führte die Gäste durch die Gießerei und gewährte einen Einblick in die Technik und die Jahrhunderte lang unveränderte Kunst des Glockengießens. Aufträge vor allem für Kirchenglocken kommen aus der ganzen Welt.

Am Vormittag hatte man bereits die Hofkirche besichtigt. Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) ließ hier in Innsbruck eigens zum Gedenken für seinen Großvater, Kaiser Maximilian I. (1459-1519), eine Grabeskirche mit einem leeren Grabmal errichten. Noch zu Zeiten Kaiser Maximilians I. hatte der Bergbau in dem früher mit Bodenschätzen gesegneten Land Tirol geblüht.

In Trient angekommen, logierte sich die Reisegruppe im Hotel Everest ein, in dem schon vor Jahrzehnten Friedberger Alpenvereinsmitglieder bei ihren Besuchen in Trient übernachtet hatten. Ein erster Höhepunkt erwartete die Friedberger bereits am Ankunftsabend in Trient. In dem noblen mit herrlichen Fresken ausgestatteten "Probenraum“, der sich in einem Palazzo befindet, durften sie eine Probe des Bergsteigerchores SOSAT erleben. In Wirklichkeit handelte es sich um ein
einstündiges Konzert eigens für die Friedberger. Mit dem weltbekannten Bergsteigerlied „La Montanara“ beschloss der SOSAT-Chor sein Konzert und beim anschließenden gemütlichen Beisammensein wurde den Gästen Wein und Bier gereicht. Die Friedberger übergaben ihre Gastgeschenke, darunter auch einige Fässer bayerisches Bier.

Am Tag darauf führte der ehemalige Kellermeister und zugleich SOSAT-Chor-Mitglied durch die Wein- und Sektkellerei Ferrari. Nach einem feinen Umtrunk ging es mit dem Bus zum Palazzo Roccabruna. Hier war zu Zeiten des Konzils in Trient im 16. Jahrhundert der Gesandte des spanischen Hofes untergebracht. Heute dient der freskenreiche Palazzo der Verkostung von Trientiner Spezialitäten, die auch die Friedberger genießen durften.

Der SOSAT hatte danach für eine Führung im „Buonconsiglio“ gesorgt. Dieses riesige Schlossgebäude, in Etappen in mehreren Jahrhunderten erbaut, stellte einst das Machtzentrum der Fürstbischöfe dar. Die geistlichen Fürstbistümer Trient und Brixen waren durch die deutschen Kaiser im 12. und 13. Jahrhundert an Eisack und Etsch errichtet worden. Die deutschen Kaiser wollten im Süden des Deutschen Reiches im Grenzgebiet zum notorisch unruhigen Italien mit den beiden Fürstentümern Sicherheit mit loyalen Verwaltern schaffen. Es waren unabhängige Territorien unter direkter Reichshoheit bis zur Säkularisation im Jahr 1803.

Kaum bekannt ist, dass in der unruhigen napoleonischen Zeit neben Tirol auch das Trentino zu Bayern kam. Trient wurde die bayerische Hauptstadt des „Etschkreises“ von 1806 bis 1810. Danach fiel Trient an das Königreich Italien, wurde später Teil des Kaisertums Österreich, um dann wieder italienisch zu werden.

Den abschließenden Glanzpunkt dieses Tages bildete der Empfang durch den Bürgermeister von Trient, Alessandro Andreatta, im Rathaus. Friedbergs Zweiter Bürgermeister, Richard Scharold, Alpenvereinsvorsitzender Hans Schlögl und Regine Nägele überreichten Geschenke.

Der dritte Tag der Reise führte in das östlich von Trient gelegene Fersental. Es handelt sich um eine der noch wenigen deutschen Sprachinseln Norditaliens. Bereits im 12. und 13. Jahrhundert ließen die zum Teil deutschen Bischöfe von Trient und deren Vögte von Pergine, einem Marktflecken am Eingang des Fersentales gelegen, Bergleute, Holzarbeiter und Bauern aus dem deutschsprachigen Raum kommen. Der Dialekt im Fersental hat bayerische Wurzeln, Ortsnamen und geographische Bezeichnungen werden im Dialekt geschrieben. Die Vorfahren der heutigen Bewohner kamen wegen des Erzbergbaus vorwiegend aus Bayern, aber auch aus Tirol und Salzburg.

Am Ende des Fersentales in der weitläufigen Ortschaft Palai teilte sich die Gruppe. Die Bergbegeisterten begaben sich mit einigen Mitgliedern des italienischen Alpenvereins SOSAT ins Gebirge auf den „Sentiero della pace“ (Friedensweg). Dort finden sich auf dem alpinen Gebirgspfad noch Zeugnisse aus dem Ersten Weltkrieg der einst heiß umkämpften Dolomitenfront. Für die übrige Gruppe begann im Kulturinstitut Palai ein Eintauchen in die Geschichte des Fersentales.

Zwei Führer im dortigen mit reichen Exponaten und Schautafeln ausgestatteten Kulturinstitut verdeutlichten das einst harte Leben der Menschen. Sie verdienten im erzreichen Fersental ihr Brot als Waldarbeiter, Bauern, Wanderhändler oder Bergleute. In der Nähe des Kulturinstituts liegt der “Filzerhof“, den die „Talgruppe“ danach besichtigte. Dieses jahrhundertealte Bauernhaus mit seinen Stallungen ist heute Museum. Küche, Wohnraum, Schlafkammer sind noch so eingerichtet wie vor
alter Zeit.

Zurück ging es zum Eingang des Fersentales nach Pergine. Hoch über dem Ort thront auf dem Berg das altertümliche ehemals bischöfliche und heute sich in privaten Händen befindende Schloss. Nach einem 20minütigen Aufstieg erwartete die Friedberger nicht nur eine herrliche Aussicht, sondern im vornehmen, fein gedeckten Renaissance-Saal des Schlosses ein eigens für sie zubereitetes Menü.

Nach der Besichtigung mit Führung durch das Schloss ging es am späten Nachmittag mit dem Bus zurück nach Palai, um die Bergsteigler in Empfang zu nehmen. Die Besichtigung des malerischen längs dem Eisackfluß gestreckten Städtchens Klausen bildete den letzten Programmpunkt am Tag der Heimreise. Zum Abschluss wanderten die meisten Reiseteilnehmer von Klausen aus auf den steil über dem Eisack aufragenden Bergkegel zum Benediktinerkloster Säben hinauf. Heute lebt dort nur noch eine Handvoll überwiegend älterer Benediktinerinnen. Die Friedberger brachten der Äbtissin hatte man zu ihrer großen Freude einige Aufmerksamkeiten mit.

Die Reiseteilnehmer - egal ob nun vom Alpenverein oder Heimatverein - hoffen, dass die schönen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Friedberg und dem SOSAT-Chor weiter lebendig bleiben.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: Fahrt nach Trient (03.09.2015, 07:00 - 06.09.2015, 20:30)

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