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Die Wittelsbacher verstanden zu integrieren

Heimatkunde: Professor Wüst erklärt, wie die Krone 1806-1918 Franken und Schwaben in hohe Positionen berief.

04.06.2014

Die Wittelsbacher verstanden zu integrieren

Der fränkische Staatsbeamte Freiherr Sigmund von Peufer besuchte 1889 das Museum in Friedberg.

Als gern gesehener Gast beim heimatkundlichen Stammtisch des Heimatvereins hielt Prof. Wüst diesmal einen Vortrag zum Thema: Krone und Integration – Die Stellung des Hauses Wittelsbach im „neuen“ Bayern, vor allem Schwaben und Franken, 1806-1918.

Durch Napoleon wurde die Landkarte für Bayern neu gezeichnet und die Grenzen alsbald wieder verändert. Das am 1.1.1806 ausgerufene Königreich Bayern erweiterte sich um die neuen bayerische Gebiete Franken und Schwaben, sowie die ehemaligen großen Reichsstädte Augsburg, Nürnberg und Regensburg. 1819 kam noch die linksrheinische Pfalz hinzu.

Nicht überall zeigten sich die neuen Untertanen erfreut über die Zugehörigkeit zum bayerischen Landesherrn. Wüst zeigte an Beispielen das teilweise düstere Stimmungsbild vor allem in Franken. So flehten in Ansbach die Bürger „mit blutendem Herzen“ zu ihrem König – wohlgemerkt nicht dem bayerischen, sondern zum preußischen – er möge „das heilige und ehrwürdige Band“ nicht gewaltsam lösen.

Anders dagegen die Reaktionen in Schwaben. In diesem Teil Neubayerns hatten die Wittelsbacher bereits Jahrhunderte zuvor schon punktuell Eigenbesitz erworben. So gab es, abgesehen von einzelnen Vorbehalten, wohlwollende Kommentierung. Man feierte sogar, wie in Immenstadt, die Übernahme durch Bayern.

Dem heimatkundlichen Stammtisch schilderte Wüst, wie geschickt die Wittelsbacher die Integration der neubayerischen Städte gestalteten. Gerade die Entscheidung des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph war von hoher Symbolkraft, als er 1816 Würzburg und Aschaffenburg für seinen Sohn Kronprinz Ludwig, dem späteren König Ludwig I., zum ganzjährigen Aufenthaltsort bestimmte.

Im Winter residierte Ludwig in Würzburg, im Sommer überwiegend in Aschaffenburg. Ebenso nutzten die Wittelsbacher die ehemalige Sommerresidenz der Würzburger Fürstbischöfe in Veitshöchheim. Als weitere Residenzorte wurden u.a. die säkularisierte Benediktinerabtei Banz, Bad Brückenau, Ellingen und Nürnberg bestimmt. Nicht nur die Residenzbildung und der Kauf von Schlössern durch die Wittelsbacher sondern auch die vielen Reisen der Mitglieder des Königshauses mit ihren Besuchen in Städten und Märkten, von denen berichtet wird, dass ihnen die Bevölkerung zujubelte, wirkten sich ausgesprochen günstig auf das Zusammengehörigkeitsgefühl aus.

Das Reisen und damit die monarchische Präsenz in den neuen Landesteilen wurde durch den Bau der Eisenbahn erleichtert und wirkte sich zudem förderlich auf die gesellschaftlichen Kontakte vor Ort zur dortigen Elite aus. Straßen, Plätze, Gebäude, Brunnen, wurden nach den Mitgliedern des Königs- und Prinzenhauses benannt: Man denke nur an die Maximilianstraße oder Karolinenstraße in Augsburg, benannt nach dem ersten bayerischen Königspaar. Die Verwaltungsgliederung wurde völlig neu gestaltet. Das Königreich Bayern wurde in Kreise eingeteilt, die nach den Flüssen benannt waren.

So gehörte Friedberg für eine gewisse Zeit zum Isarkreis. König Ludwig I. beseitigte 1837 diese wenig volkstümliche Einteilung und benannte die Kreise nach den alten Herzogtümern. Diese Bezeichnungen wurden später in die noch heute bestehenden Regierungsbezirke überführt.

Neubayern umfasste nun auch protestantische Landesteile. Als Max IV. Joseph als neuer Kurfürst von Bayern 1799 mit seiner protestantischen Frau, Caroline von Baden, in die stockkatholische bayerische Residenzhauptstadt einzog, hatten die meisten Münchner noch nie eine Protestantin gesehen. Protestanten durften bis dahin nicht das Bürgerrecht erhalten. Schon vor der Eheschließung hatte Max seiner künftigen Schwiegermutter weitblickend erklärt, „er wünsche sich eine protestantische Frau, um in Bayern die Toleranz einzuführen“.

Die Toleranz führte auch dazu, dass Protestanten als bayerische Beamte in den Staatsdienst aufgenommen wurden. Überhaupt versuchten die Monarchen bei der Ämtervergabe die Integration der Neubayern zu bewerkstelligen. Franken und Schwaben gelangten in hohe und höchste Positionen in Ministerien und Politik.

Zu diesen Ausführungen von Prof. Wüst ergänzt Heimatsvereinsvorsitzende Regine Nägele, dass es beim Museum in Friedberg durch eben einen solch hohen fränkischen Staatsbeamten eine glückliche Wendung gab. Der Regierungspräsident von Oberbayern, Freiherr von Pfeufer, kam im Jahr 1889 wegen geschäftlicher Angelegenheiten nach Friedberg. Er besuchte auch das drei Jahre zuvor vom Historischen Verein, dem heutigen Heimatverein, eingerichtete Museum, das sich im äußeren kleinen Schloss-Stübchen befand. Bezirksamtmann Aigner bat den hohen Gast, das Museum aus Platzgründen in den großzügigen Rittersaal verlegen zu dürfen. Dem Franken Freiherr von Pfeufer, der der Verlegung zustimmte, ist es zu verdanken, dass das Museum im Rittersaal des Friedberger Schlosses für lange Zeit eine neue und würdige Bleibe fand.

Regine Nägele, © Friedberger Allgemeine

Verlinkt zur Veranstaltung: Heimatkundlicher Stammtisch (15.05.2014, 19:00 Uhr)

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